Samstag, 25. August 2007

Interview mit Heiko Richter: Fragen über das Fernsehen der Zukunft

Hit-TVMusikVideo

Interview mit Heiko Richter, zusammen mit Jana Lohs einer der Macher von „Hit-TV.eu“, Portal für Internetfernsehen – http://hit-tv.eu

HeikoRichter.

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Frage: Herr Richter, kein Mensch kennt heute noch alle Fernsehsender und Internetfernsehsender in Deutschland. Ist dieses unüberschaubare Riesenangebot für das Publikum ein Segen oder ein Fluch?

Antwort: Das liegt im Auge des Betrachters. Es gibt Erhebungen, dass die meisten Leute im Allgemeinen ca. 20 bis 30 Sender regelmäßig schauen. Vor 20 Jahren war das relativ einfach, da es nur eine sehr begrenzte Anzahl von Sendern gab. In der heutigen Zeit ist das natürlich anders. Jeder Sender ist also bedacht, dass er Zuschauer an sich bindet. Dies kann z. B. sehr spezieller Content sein wie bei Spartenprogrammen oder ein sehr lokaler Bezug wie bei Lokalsendern. Es werden ja insgesamt nicht mehr Zuschauer, daher wird der „Kunde“ Zuschauer ein heiß umworbenes Gut für jeden Sender sein. Ich denke, dass die Quoten der großen Sendeanstalten zugunsten der vielen Kleinen zurückgehen werden. Straßenfeger wie in den 70-er und 80-er Jahren wird es nicht mehr geben. Der Vorteil der vielen Sender ist natürlich, dass die Auswahl größer und für jeden Geschmack etwas dabei ist. Man kann sich das so vorstellen: Wenn auf dem Frühstückstisch nur eine Sorte Wurst und eine Sorte Käse da ist, werden die meisten darauf zurückgreifen. Wenn aber zehn Sorten Wurst und zehn Sorten Käse, Kaviar, Nugatcreme, Honig und Cornflakes auf dem Tisch stehen, wird die Auswahl differenzierter sein, was nicht bedeutet, dass die erste Sorte Wurst und die erste Sorte Käse schlechter ist. Viele werden aus Gewohnheit darauf zurückgreifen.

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Frage: TV-Sendungen kommen heute via Satellitenschüssel, Kabelfernsehen, Stromsteckdose und Internet ins Haus. Welche Technik wird sich durchsetzen?

Antwort: Ich wage mich bei der Antwort an ein ganz heißes Eisen, indem ich sage: das Internetfernsehen. Sicherlich kann sich das heute noch niemand vorstellen und es wird auch noch eine Weile dauern. Dennoch ist es die einzige logische Schlussfolgerung. Es deutet sich ja schon an, da alle Übertragungswege, wie Satellitenschüssel, Kabelfernsehen, Stromsteckdose, theoretisch und teilweise praktisch internetfähig sind. Ich denke, es wird noch einen Entwicklungsprozess geben, bis es sich deutlich absetzt und die klassischen Betreiber der Übertragungswege werden sich nicht gerade begeistert geben, da es ja ihre Marktstellung gefährdet. Ich sehe zum Beispiel DVB-T oder das derzeitige Handy TV als absolute Fehlentwicklung, ebenso dass die Netzanbieter zu Programmanbietern mutieren. Wenn das Geld, das da insgesamt investiert wurde und wird, in eine flächendeckende Infrastruktur einer breitbandigen Internetabdeckung gesteckt würde, dann könnte man problemlos via öffentliche Hot Spots auf dem Handy oder mit einem Anschluss in jedem Haus nicht nur fernsehen sondern auch ins gesamte Internet. Das Problem daran ist nur, dass dann alle anderen Übertragungswege fürs Fernsehen überflüssig werden.

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Hit-TVNachrichten

Frage: Laien wünschen sich eine möglichst einfache Technik. Experten dagegen neigen dazu, Technik immer komplizierter zu machen. Besteht auch beim Fernsehen – wie bei Videorecordern - die Gefahr, dass die Bedienung bald nervig wird?

Antwort: Leider ja und gerade in Deutschland neigt man dazu, alles zu komplizieren. Beispiele gibt es nicht nur im Fernsehbereich, sondern auch anderswo. Paradebeispiel ist das Mautsystem, in anderen Ländern werden einfach Blechhütten an die Strasse gestellt und Personal zum Abkassieren eingesetzt, in Deutschland muss es von Satelliten gestützt sein und natürlich wahnsinnig teuer. Zurück zum Fernsehen. Es ist bekannt, dass ca. 70-80% der Leute nicht in der Lage sind, ihren Videorekorder zu programmieren. Das sollte der Industrie zu denken geben. Wir versuchen bei Hit-TV.eu deshalb den Weg zu gehen, alles so einfach wie möglich zu gestalten. Jeder soll schnell finden, was er sehen möchte, das wird auch in den zukünftigen Versionen als Grundsatz gelten. Ebenso soll auch unsere zukünftige Box aussehen. Bei uns gibt es kein DRM und alles ist immer kostenfrei verfügbar, das bedeutet ein Videorekorder ist überflüssig. Ich glaube, nur so kann man auch auf dem zukünftigen Fernsehmarkt bestehen. Bei zu viel komplizierter und standardisierter Technik verlieren die Zuschauer die Lust am Einschalten. Das Fernsehen hat nicht nur mit dem Internet eine harte Konkurrenz, auch viele Events locken die Zuschauer von den Fernsehgeräten weg. Da ist es nicht hilfreich, wenn ein Programm nicht mitgezeichnet werden kann, damit man es zeitversetzt genießen kann, oder die starke Abgrenzung der Anbieter durch eigene auf ihre Übertragungswege abgestimmte Boxen.

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Frage: Auch in Deutschland starten immer mehr Internetfernsehsender, die kostenlos ein unterhaltsames oder informatives Programm anbieten. Welche Vorteile und Nachteile haben diese Web-TV-Sender?

Antwort: Prinzipiell sind alle Sender eine Bereicherung der Fernsehlandschaft. Jeder dieser Sender wird auch Zuschauer finden und ich finde, dass diese Entwicklung wichtig und richtig ist. Früher oder später wird jedoch ein Prozess einsetzen, wo sich Spreu vom Weizen trennt, da die Wirtschaftlichkeit auch eine Rolle spielt. Durch das Internet sind zwar die Übertragungskosten gesunken, aber die Produktion setzt ein gewisses Know How, die technische Ausrüstung und natürlich auch das nötige Kapital voraus.
Jeder kann zwar heute relativ einfach einen Internet-TV-Sender gründen, doch meines Erachtens sind Allianzen und Zusammenarbeit auf einer Plattform wie Hit-TV.eu effektiver. Wir haben jetzt fast 30 Zulieferer von Content. Diese Zusammenarbeit bietet den Vorteil, dass sich die Anbieter auf die Produktion konzentrieren können und natürlich bietet eine größere Programmvielfalt einen Synergieeffekt. Wer Hit-TV.eu z. B.über eine Nachricht entdeckt schaut vielleicht auch bei „Modell und Bahn“ rein, dabei sieht er die Gartensendung und sagt dann dem Nachbarn, schau mal bei Hit-Tv.eu rein, da gibt es eine schöne Gartensendung und so setzt sich die Kette fort und alle profitieren davon.

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Frage: Neben vielen kostenlos empfangbaren Fernsehsendungen gibt es immer mehr, für die man etwas bezahlen soll. Wie schätzen Sie das Interesse an solchen Bezahlsendern ein?

Antwort: Ich halte davon nicht viel, wenn nicht ein wirklicher Mehrwert dahinter steht. Die Fernsehzuschauer werden schon genug zur Kasse gebeten. Angefangen vom Zwangs-PayTV das sich Öffentlich-Rechtlich nennt, über Kabelgebühren bis zum Internetanschluss, alles kostet Geld. Wenn jetzt Programme verschlüsselt werden, die werbefinanziert sind, werden viele Zuschauer diesen Schritt nicht mitgehen. Das ist einerseits ein Chance für die kleinen und unverschlüsselten Sender, andererseits werden PayTV-Angebote die echten
Premium-Content bieten davon profitieren. MTV hat sich ja schon einmal in der 90-er Jahren mit der Verschlüsselung eine blutige Nase geholt und das gesamte Projekt nach ein oder zwei Jahren wieder zurückgefahren. Interessanter sind da On Demand-Portale, wo ich mir einen speziellen Film herunterladen kann oder andere spezielle Inhalte. Allerdings sage ich als DRM-Gegner, sollte es auch dann so sein, gekauft ist gekauft. Dieser Content sollte dann brennbar sein und nicht nur auf dem Rechner, auf dem ich ihn heruntergeladen habe, lauffähig.
Gute Chancen sehe ich auch für wirklichen teuer eingekauften Premium-Content, wie Fußball oder andere Sportevents oder sehr aktuelle Filme. Diese sprechen spezielle Zielgruppen an, die ein Hobby haben und jedes Hobby kostet nun einmal mehr oder weniger Euro. Ich werde mir jetzt zwar viele Feinde machen, aber eine Bundesliga gehört meines Erachtens z. B. nicht zum öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag der Grundversorgung, sondern ins PayTV

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Frage: Sie sind Betreiber eines Internetfernsehsenders, Produzent, Kameramann und Fernsehzuschauer in Personalunion. Wie wünschen Sie sich das Fernsehen der Zukunft?

Antwort: Mit einem Wort zu sagen – Einfach.
Im Zuge der Vernetzung von Fahrzeugen, Haushaltsgeräten, öffentlichen und privaten Räumen wird früher oder später jedes technische Gerät eine IP-Adresse haben und ein Display besitzen. Denkt man weiter, ist also nicht mehr nur der Fernseher oder der PC ein Gerät auf dem man Fernsehangebote anschauen kann. Jedes Auto wird damit fernsehfähig. In der Küche der Kühlschrank oder die Waschmaschine wird im Zuge der Vernetzung mit dem Internet verbunden sein und ist ein potentieller „Fernseher“ Gerade in öffentlichen Räumen, z. B. in Wartezimmern, kann man genauso fernsehen wie zu Hause. Mit einer Personalisierung kann man über das Internet an jedem Punkt der Welt sein persönliches Programm sehen. Ich befürchte allerdings, dass dann die GEZ auch eine Gebühr auf Waschmaschine und Kühlschrank erhebt. Hier ist also die Politik schon rechtzeitig gefragt, um das Drehen an der Gebührenschraube rechtzeitig zu verhindern.
Ich wünsche mir vor allem, dass Fernsehen als wichtiges Gut für den Zuschauer kostenfrei, also werbefinanziert bleibt. Die Werbung sollte sich aber in das Gesamtbild des Programms besser einpassen und zielgruppenorientierter daherkommen. Bestimmte Werbespots schaue ich mir auch heute schon gerne, an weil sie witzig sind oder einfach schön. So macht Werbung Spaß und auch Sinn. Jeder Betreiber eines Fernsehsenders soll sich in die Lage des Zuschauers versetzen. Dieser will sein Programm sehen, wie es zu ihm kommt, ist eigentlich egal, Der Inhalt des Programms ist entscheidend.

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Die Fragen stellte Ernst Probst, Betreiber des Weblogs „Internetfernsehen von A bis Z“ – http://internetfernsehen-von-a-z.blogspot.com

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